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Wertzeichen Europa
Wolfgang Gosch
Vexierbild Europa

Der Entwurf illustriert die unterschiedlichen Sichtweisen, die man auf etwas haben kann:

Da ist eine Kopfform, die anfangs rätseln lässt. Aber schon ein leicht veränderter Blickwinkel entbirgt etwa den Stiefel Italiens und verrät als Silhouette den Kontinent Europa. Gemahnt der Kopf vielleicht an die Göttin Europa, die erwartungsvoll in die Zukunft blickt? Kleine Intervention, großer Interpretationsraum: Einfache Mittel erlauben es, Europa im übertragenen Sinn „ein Gesicht zu geben“, es mitzugestalten. Dabei ist keine Denkrichtung zwingend – es ist sogar möglich, Dinge auf den Kopf zu stellen, um einen frischen, unverstellten Blick zu erlangen. In diesem Sinne verweist der Entwurf auf die vielen europäischen Köpfe (und Querdenker), denen wir Teilchenbeschleuniger ebenso verdanken wie die Philosophie und die schönen Künste, und deren „Mona Lisa“, „Faust“ und „Zauberflöte“ Teil der Identität Europas sind.

Wolfgang Gosch (*1977)

editionkrill.at

Obwohl der österreichische Designer Wolfgang Gosch auch Websites und Schallplattencover konzipiert, ist seine eigentliche Domäne das Buch. Dabei gehört er nicht nur zur Spezies der Gestalter, die Layouts erst nach genauer Lektüre entwickeln, sondern Gosch agiert als Grafikdesigner, Verleger, Herausgeber, Lektor und Autor in Personalunion. Seit 2008 betreibt er gemeinsam mit Virgil Guggenberger den Verlag »Edition Krill« in Wien, in dem sie jährlich zwei bis drei Titel herausbringen. Das Verlagsprogramm ist ebenso ausgefallen wie die Ausstattung der Bücher und reicht von zeitgenössischen literarischen Miniaturen über die Autobiografie eines »geborenen Verbrechers« samt nervenärztlichem Gutachten aus dem 19. Jahrhundert bis zu »Wenzel«, einem modernen Ritterroman in Versform. Für diese speziellen Genres entwickelt Wolfgang Gosch ebenso individuelle Gestaltungen, die bewusst die ganze Fläche beziehungsweise den Körper des Buches nutzen. Im Inneren entfaltet er geistreiche grafische Kommentare zu den einzelnen Texten, etwa in Form von Illustrationen, farbigen Auszeichnungen oder ausgeklügelten Arrangements von Anmerkungen und Fußnoten. Nicht zuletzt diese Details zeigen, wie intelligent und sinnlich heutzutage auch bibliophile Bücher gestaltet werden können.