Bei näherer Betrachtung zehrt dieser Ruf allerdings sehr von den vergangenen Leistungen jener Künstler, die fast alle Kinder des Kaiserreichs waren, als das Land mehr war als nur das geografische Zentrum Europas. Mein Ansatz versucht eine Metapher zu zeichnen, die das schöne Sissi-Bild nicht verklärt, sondern die mir als Wegmarke bei der Fahrt über die Großglockner-Hochalpenstraße ebenso hängen geblieben ist, wie die Namen „Kaiserin Elisabeth-Ruhe“ und „Kaiser-Franz-Josefs-Höhe“. Da war ich dem höchsten Punkt Österreichs sehr nahe und blickte auf die dahinschmelzende Pasterze. So markiert das nun gekrönte rote „0“ den Nabel, während das Fernrohr dahinter zu einem möglicherweise vertieften Blick verhilft.
Aus der Spannung zwischen Intuition und Reflexion, Schriftentwicklung und grafischer Gestaltung entstehen die Arbeiten des Schweizer Grafikdesigners Nik Thoenen (Jahrgang 1963), der seit 1996 in Wien lebt. Von hier aus pendelt er regelmäßig nach Bern, wo er das im Jahr 2007 mit Michael Mischler gegründete Label „Binnenland“ betreibt. Aus dieser Zusammenarbeit sind seither acht neue Schrifttypen entstanden. Die Gestaltung von Monografien für Künstler wie Michael Aschauer oder Claudia Märzendorfer oder von Künstlermagazinen für das Pariser „Palais de Tokyo“ dient immer auch dazu, die eigenen Schriften in der Praxis zu testen. Thoenens experimenteller Ansatz garantiert in jedem Fall individuelle Ergebnisse, die bei aller Unterschiedlichkeit konzeptuelle Schärfe und nicht selten radikale Reduziertheit miteinander verbinden. Dabei interessiert sich Thoenen besonders für die raumzeitliche Dimension von Zeichen, wie sie in der Logik des Alphabets, aber auch in der Sequenzialität des Lesens ebenso wirksam wird wie im Buch als Objekt, das als gestapelte Schrift immer auch komprimierte Zeit enthält. In Auftragsarbeiten wie den Titelschriften für das Architekturmagazin „domus“ oder dem visuellen Leitsystem für das Kulturzentrum im französischen Metz erfahren diese Überlegungen ihre öffentlichkeitswirksame Anwendung.